Wenn ich eine Immobilie gefunden habe: Sollte ich bei den aktuellen Bauzinsen möglichst schnell handeln oder auf die nächste Abwärtsbewegung warten?
Clemens Götz: „Grundsätzlich würde ich das Warten auf einen großen Zinsnachlass momentan nicht empfehlen. Wir haben zwar im August eine Delle gesehen, aber die Kurve zeigt generell stetig nach oben. Wer heute ein Objekt gefunden hat, das den Wünschen entspricht, sollte die Gelegenheit nutzen und zuschlagen. Warten würde ich nur denjenigen empfehlen, die auch bereit sind, mehrere Jahre auf einen signifikanten Zinsrückgang zu warten, der aus meiner Sicht frühestens Ende 2024 eintreten wird.“
Wie unterschiedlich schnell passen Anbieter ihre Konditionen an?
Clemens Götz: „Die Anpassung der Zinsen hängt bei jedem Anbieter von verschiedenen Faktoren ab. Es gibt Banken, die tagesaktuelle Konditionen haben und somit auch täglich einen neuen Einstand bekannt geben, und es gibt Banken mit Tableau-Konditionen, die für einen gewissen Zeitraum gelten. Die haben immer etwas Vorlauf und brauchen Zeit zum Anpassen. Hier versuchen wir von beiden Seiten den jeweiligen Vorteil für unsere Kunden herauszuholen: die Vorteile der Tableau-Konditionen im steigenden Markt und die tagesaktuellen Konditionen im fallenden Markt. Daher ist auch Vergleichen so wichtig.“
Das Geschäft mit Baufinanzierungen ist bei vielen Banken stark eingebrochen. Sind da Preisnachlässe durch Verhandeln möglich?
Clemens Götz: „Ja und nein. Bei wenig Arbeitsauslastung wird die Produktivität einer Abteilung geringer. Da macht es betriebswirtschaftlich Sinn, Geschäft einzusammeln, um Mitarbeiter auszulasten. Zwar wird es kaum generelle Zinsnachlässe geben. Aktuell sehen wir aber Konstellationen, bei denen lange Zinsbindungen von 25, 30 Jahren zu Konditionen von 15 Jahren angeboten werden. Das ist auch eine Form des Nachlasses.“
Welche Folgen hat die Inflation auf eine Baufinanzierung?
Clemens Götz: „Die Inflation verteuert die Finanzierung gleich unter mehreren Aspekten. Zum einen schlagen sich die gestiegenen Energiekosten in der Produktion von Baumaterialien nieder. Es gibt auch immer noch zeitliche Verschiebungen durch den Ukraine-Konflikt und Corona, wodurch die Menge der Rohstoffe gesunken ist. Zum anderen beeinflusst die Inflation die Banken, die aufgrund der höheren Kosten für Energie und Lebensmitteln bei den Kunden die Haushaltspauschalen anheben – dadurch sinkt das freie Einkommen zum Bedienen einer Finanzierung, und die Bonität verschlechtert sich. Zudem wird die Refinanzierung der Banken durch den gestiegenen EZB-Leitzins teurer. Das geben die Banken natürlich weiter.“
Welche Mindesttilgung empfehlen Sie?
Clemens Götz: „Unseren Kunden raten wir immer, ihre Finanzierung so aufzubauen, dass sie eine nachhaltige Entschuldung herbeiführt. Das kann in Form einer langen Zinsbindung mit einer angepassten Tilgung sein. Oder man geht auf eine kürzere Zinsbindung mit einer niedrigen Tilgung, hat dann im Hintergrund aber noch ein zu besparendes Zusatzprodukt oder weiß, dass Eigenmittel z. B. aus der Familie kommen. Wir versuchen die Finanzierung bis zum letzten zurückgezahlten Euro zu planen.“