Wie lautet die aktuelle Zinsprognose für 2024?
In der zweiten Jahreshälfte 2023 schwankten die Bauzinsen vornehmlich zwischen 3,5 und 4,0 %. Seit Anfang 2024 liegen sie wieder stabil unterhalb dieses Korridors. Die meisten Experten gehen weiterhin von einer Seitwärtsbewegung aus, bei der es zu Ausschlägen nach unten oder oben kommen kann. Mit Blick auf die sinkende Inflation scheint manchen Marktbeobachtern eine weitere Entspannung und damit sinkende Zinsen möglich.
Generell bewegen sich die Zinsen in einem spannungsgeladenen Umfeld. Zwischen Inflation, Ukraine-Krieg und drohender Rezession kann es immer wieder zu Schwankungen kommen. Die EZB hat den Leitzins im Juni 2024 auf 4,25 % zugunsten der schwächelnden Wirtschaft gesenkt. Der Markt erwartet, dass es in kommenden Monaten zu weiteren Zinssenkungen kommt.
Der EZB-Leitzins hat in einem System vieler Wechselwirkungen aber nur indirekten Einfluss auf die Bauzinsen. Wie die Bauzinsenentwicklung 2025, 2026 oder auch 2030 aussieht, lässt sich nicht abschätzen. Kommt es z. B. zu Marktturbulenzen oder einer Bankenkrise, suchen Investoren Zuflucht in sicheren Staatsanleihen wie den deutschen, was deren Rendite sinken lässt. Das wiederum hat einen positiven Effekt auf die Bauzinsen, die sich an Bundesanleihen sowie Pfandbriefen orientieren.
Aktuelle Bauzinsen bei einem Darlehen von 320.000 €
Tagesaktuelle Zinskondition:
Wie sieht die Zinsprognose der EZB aus?
Die Europäische Zentralbank EZB hat den Leitzins im Juni 2024 erstmals nach 5 Jahren gesenkt. Er befindet sich jetzt bei 4,25 %. Weil die Inflation deutlich zurückgegangen ist, erwarten Marktbeobachter weitere Zinssenkungen für 2024. Diese optimistische Einschätzung wirkt sich bereits auf die Zinsentwicklung aus.
Ein guter Zeitpunkt zum Immobilienkauf
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Michael Neumann
Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG
Foto: © Dr. Klein
Die Baufinanzierungszinsen verharren weiter in ihrer Seitwärtsbewegung und auch der EZB-Leitzins bleibt im Juli unverändert. Kurzum: Es scheint, als befänden sich die Zinsen in der Sommerpause. Als Grund für die anhaltende Seitwärtsbewegung sehe ich die Tatsache, dass der Markt die Senkung des Leitzinses in diesem Jahr bereits seit Monaten eingepreist hatte. Der Zinsschritt im Juni seitens der EZB war erwartet worden. Ebenso die Zinspause im Juli.
Insgesamt ist die Erschwinglichkeit einer Immobilie heute deutlich besser als 2023. Die Einkommen sind auf breiter Front gestiegen. Dazu kommen die im vorigen Jahr leicht gesunkenen Immobilienpreise und die im historischen Vergleich niedrigen Bauzinsen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt für den Kauf. Dabei tun sich derzeit vermehrt Verhandlungsspielräume auf, vor allem bei älteren Immobilien mit schlechteren Energieeffizienzklassen.
kurzfristig: gleichbleibend
langfristig: gleichbleibend
Für wen ist die Bauzinsen-Entwicklung wichtig?
Diese Frage ist für künftige Bauherren genauso wichtig wie für Käufer von Bestandsimmobilien oder für eine bevorstehende Anschlussfinanzierung. Den richtigen Zeitpunkt beim Immobilienkredit zu erwischen bringt tausende Euro – der falsche Zeitpunkt kostet ebenso viel.
Wie wirkt sich die Zinsprognose auf mein Baudarlehen aus?
Schon kleine Schwankungen können sich langfristig in den Zinskosten bemerkbar machen. Ein deutlicher Zinssprung wie seit Mitte 2022 führt zu einer großen Belastung. Hier eine Beispielrechnung mit Herrm Sommer als Käufer im vergleichsweise günstigen August 2022 und Frau Winter als Käuferin im teureren Januar 2023.
Herr Sommer hat Baukredit im August 2022 abgeschlossen | Frau Winter hat Baukredit im Januar 2023 abgeschlossen | |
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Kreditsumme | 350.000 € | 350.000 € |
Laufzeit | 10 Jahre | 10 Jahre |
Zinssatz | 2,8 % | 3,8 % |
gezahlte Zinsen in 10 Jahren | 87.325,42 € | 118.003,94 € |
Differenz | Ersparnis: 30.678,52 € | Mehrkosten: 30.678,52 € |
Zinschart: aktuelle und frühere Entwicklung der Bauzinsen im Vergleich
Wie wirken sich Leitzinsentscheidungen in den USA auf die Zinsprognose aus?
Die Bauzinsen in Deutschland orientieren sich vor allem an den 10-jährigen Bundesanleihen. Wegen der großen Relevanz der USA sorgen dortige Zinsentscheidungen aber oft auch für eine Sogwirkung in Europa. Die US-Notenbank Fed hat den Leitzins in ihren letzten Sitzungen bei 5,25–5,5 % belassen, obwohl eine Senkung erwartet worden war. Die Inflation in den USA lag aber höher als prognostiziert.
Diese Faktoren beeinflussen die Entwicklung der Bauzinsen
Die Zusammenhänge bei der Prognose für die Zinsentwicklung sind komplex. Der Bundesverband öffentlicher Banken etwa gibt regelmäßig eine Zinsprognose ab. Darin fließen Entscheidungen von Fed und EZB ein, die Wirtschaftsentwicklung in Nordamerika ebenso wie in Deutschland, geopolitische Turbulenzen und noch manche Faktoren mehr. Interessant an dieser Zinsprognose ist die als Prognosekontrolle bezeichnete Rückschau: Da zeigt sich, dass die Experten trotz der umfassenden Instrumente immer wieder falsch liegen. Zum Beispiel hatte niemand mit einem derart rasanten Anstieg der Zinsen wie 2022 gerechnet.
Trotzdem können auch Sie als Anleger sich an verschiedenen Indikatoren orientieren, wenn Sie sich die Frage stellen: Wie entwickeln sich die Zinsen in den nächsten Jahren?
Einflussfaktor 10-jährige Bundesanleihen: niedrige Zinsen bedeuten niedrige Bauzinsen
10-jährige Bundesanleihen sind der unmittelbarste Indikator. Sind die Zinssätze für die Bundesanleihen niedrig, sind auch die Bauzinsen niedrig. Umgekehrt machen sich steigende Zinssätze für Bundesanleihen direkt durch einen höheren Bauzins bemerkbar.
Sinkende oder gleichbleibende Zinsen sind bei anhaltend guter Wirtschaftslage und hohen Steuereinnahmen zu erwarten.
Steigende Zinsen gibt es bei einer Konjunkturflaute oder wirtschaftlicher Instabilität.
Einflussfaktor EZB: niedriger Leitzins macht Kredite billig
Auch die geldpolitischen Entscheidungen der Europäischen Zentralbank beeinflussen das Zinsniveau. Durch die langjährige Niedrigzinspolitik verloren Sparer, während Kreditnehmer billig an Geld kamen. Umgekehrt führt ein deutlich erhöhter Leitzins zu höheren Kreditzinsen.
Sinkende oder gleichbleibende Zinsen sind bei einer Rückkehr zur Politik des billigen Gelds zu erwarten.
Steigende Zinsen wird es bei einem höheren Leitzins und einem Ende des billigen Gelds geben.
Einflussfaktor US-Notenbank: Zinserhöhungen fördern höhere Bauzinsen
Die Geldpolitik der US-Notenbank Fed beeinflusst die Zinsprognose. Deren jüngsten Leitzinserhöhungen führten auch zu steigenden Zinsen für Bundesanleihen und damit – geringfügig – höheren Bauzinsen. Die Postbank erwartet, dass die Rendite der Bundesanleihen sich wieder stärker den US-Staatsanleihen annähert, was zu höheren Bauzinsen führen würde.
Einflussfaktor Konjunktur: gute Kauflaune führt zu Nachfrage bei Krediten und höheren Zinsen
Eine gute Konjunktur führt üblicherweise zu Kauflaune und dies wegen der Nachfrage zu tendenziell höheren Darlehenszinsen. Dreht sich umgekehrt die Konjunkturlage, können niedrigere Zinsen für Kaufanreize angeboten werden.
- Einflussfaktor geopolitische Turbulenzen: weltweite Risiken sorgen für schwierigere Vorhersagen
Die geopolitische Lage bringt die Gefahr unkalkulierbarer Risiken mit sich. Den Kapitalmarkt belasten z. B. Kriege wie in der Ukraine und Folgen der Corona-Pandemie.
Unsere Empfehlung: Möchten Sie handeln, handeln Sie bei einer Zinsdelle
- Für Bauherren oder Hauskäufer ist schnelles Agieren gefragt, wenn es bei den Zinsen aktuell zu einem Ausschlag nach unten kommt. Das Wichtigste aber ist und bleibt die Anschaffung einer Immobilie, die zu Ihnen passt und die ihr Geld wert ist. Das Einsparvolumen einer um 0,2 Prozentpunkte günstigeren Finanzierung kann nicht Wertverluste einer überteuert gekauften Immobilie ausgleichen. Sind Sie aber in ihrer Wahl sicher, sollten Sie sich zeitnah um die Finanzierung kümmern. Denn die Immobilienpreise werden in Zukunft eher wieder steigen.
- Für Anschlussfinanzierungen, die direkt bevorstehen, empfiehlt sich das Handeln zum richtigen Zeitpunkt. Beobachten Sie die Zinskurve und werden Sie bei einem Ausschlag nach unten aktiv! Ein Forward-Darlehen lohnt sich aktuell dann, wenn Sie an eine anhaltende Inflation glauben, die zu weiteren Zinsschritten der EZB führen wird.
Fazit: Zukünftige Zinsentwicklung ist kaum vorhersehbar
Wie entwickeln sich die Zinsen in den nächsten Jahren? Eine seriöse Antwort darauf kann niemand geben, dazu gab es in den vergangenen Monaten zu viele Überraschungen. Im Moment gilt bei vielen Experten die Überzeugung, dass die Europäische Zentralbank nach der ersten Zinssenkung im Juni 2024 weitere Schritte zu niedrigen Zinsen gehen wird. Doch verbrieft ist das nicht. Es hängt vor allem davon ab, wie sich die Inflation weiter entwickelt.