Brisantes Urteil: Viele Kontogebühren sind ungültig!
Der Bundesgerichtshof hat im April 2021 die Rechte vieler Bankkunden gestärkt. In einem grundlegenden Urteil (AZ. XI ZR 26/20) wurde Banken und Sparkassen untersagt, Kontoführungsgebühren ohne ausdrückliche Zustimmung des Kunden zu erheben. Bisher haben Banken lediglich per Post über Erhöhungen informiert. Wer nicht reagiert hat, erklärte sich stillschweigend einverstanden. Nur über einen Einspruch hätte der Kontoinhaber gegen die Preiserhöhung vorgehen können. Dieses Vorgehen ist jetzt nicht mehr zulässig, es sei eine „unangemessene Benachteiligung“ des Kunden, so das Gericht.
Das Urteil hat große Auswirkungen:
- Ab sofort müssen Banken rechtzeitig über eine Gebührenerhöhung informieren und dazu eine schriftliche Zustimmung des Kunden einfordern.
- In dem konkreten Urteil ging es um ein Girokonto der Postbank, es kann aber auf alle Geldinstitute angewendet werden.
- Da die Erhöhungen der vergangenen Jahre ungültig sind, können Kunden zu viel gezahlte Beträge zurückfordern.
Schweigen ist keine Zustimmung zu einer Gebührenerhöhung!
Kann man ungültige Kontogebühren zurückbekommen?
Ja, da die entsprechenden Klauseln in den Geschäftsbedingungen nach dem BGH-Urteil rückwirkend unwirksam sind, haben Kunden jahrelang zu viel Kontoführungsgebühren gezahlt. Dieses zu Unrecht verlangte Geld können sich Bankkunden zurückholen. Dabei können Beträge von mehreren hundert Euro zusammenkommen. Allerdings müssen Sie dazu selbst aktiv werden und sich an Ihre Bank oder Sparkasse wenden. Die Banken werden abwarten und hoffen, dass sich möglichst wenige Kunden mit einer Rückforderung bei ihnen melden. Nach der Meinung vieler Experten gilt allerdings eine Verjährungsfrist von 3 Jahren, so dass Sie Ihre Forderungen bis zum 31.12.2021 anmelden mussten. Die Gültigkeit dieser Frist ist noch nicht abschließend geklärt.
Übrigens: Das Urteil betrifft nicht nur Kontoführungsgebühren von Girokonten, sondern es lässt sich auch auf Wertpapierdepots und Sparpläne anwenden.
Wie kann ich ungültige Kontoführungsgebühren zurückfordern?
Sie müssen Ihre Bank anschreiben und die zu viel gezahlten Gebühren einfordern. Am einfachsten ist es, wenn Sie unseren interaktiven Musterbrief dazu nutzen, der Ihnen hier zum Download zur Verfügung steht.
Musterbrief als PDF
Neben Ihrer Anschrift und die der Bank ist nur die Angabe Ihrer IBAN und das Setzen einer Frist von 3 Wochen für die Rückforderung notwendig.
Verbraucherschützer empfehlen, Ihre Ansprüche rückwirkend für die letzten 10 Jahre anzumelden. Es wird dann in den meisten Fällen zu einer Einzelfallprüfung kommen. Viele Banken reagieren sehr zögerlich auf die Schreiben Ihrer Kunden. Andere drohten Kunden, die Gebühren zurückgefordert hatten, mit Kündigung. Sollte die Bank Ihre Forderung ablehnen, können Sie sich an die Ombudsleute der Bank wenden oder einen Anwalt einschalten.
Girokonto ohne Kontoführungsgebühren
Nach Angaben des Statistik Portals Statista ärgern sich 38 % der Deutschen über Kontoführungsgebühren. Die monatliche Grundgebühr kann im Jahr bis zu 100 € und mehr ausmachen. Wer einen Girokontowechsel nicht scheut, kann diese Kosten aber vermeiden, wie die Stiftung Warentest bei der Untersuchung von 128 Banken im Herbst 2020 herausgefunden hat. Dabei wurden 203 Konten mit ihren Kontogebühren unter die Lupe genommen. Bei den Vergleichen tauchten auch einige kuriose Kontoführungsgebühren auf.
- Bei der Comdirekt Bank werden 4,90 € Gebühr bei einer „beleghaften Überweisung“ kassiert. Dieser Betrag wird fällig, wenn Sie zum Beispiel als Parksünder ein Knöllchen direkt mit dem Überweisungsformular der Polizei bezahlen wollen. Nehmen Sie die Überweisung dagegen über Ihr Online-Banking vor, fallen keine Kontogebühren an.
- Die Sparda-Banken West und Ostbayern nehmen für eine Girocard eine Gebühr von 12 €. Bei anderen Banken ist sie meist kostenlos.
Diese Gebühren sind alle zulässig. Und sie machen deutlich, dass es sich für Sie durchaus lohnen kann, die anfallenden Kontoführungsgebühren zu vergleichen. Nur 14 Girokonten sind zurzeit bundesweit bei reiner Onlinenutzung kostenlos.
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Zieht Ihnen Ihre Bank monatlich viel Geld für Kontoführung, Kreditkarte oder den überzogenen Dispo ab? In unserem Girokonto Vergleich finden Sie kostenlose Girokonten zu Top-Konditionen!
Häufige Kontoführungsgebühren
Die Gebühren für Ihr Girokonto können zu wahren Kostenfallen werden. Es ist nicht einfach einen Überblick über die unterschiedlichen Kosten, die bei der Kontonutzung entstehen, zu behalten. Wir zeigen Ihnen die häufigsten Kontoführungsgebühren.
Kostenfalle 1: Versteckte Kontogebühren im Kleingedruckten
Im Kleingedruckten finden sich häufig die jährlich anfallenden Kontogebühren, z.B. die Höhe der Dispozinsen sowie die Kosten für einen Überziehungskredit. Weitere Kosten sind meist erst in einem Preis- und Leistungsverzeichnis aufgeführt, das Sie bei Ihrer Bank erfragen oder downloaden müssen. Hier erfahren Sie beispielsweise, ob eine Kontoführungsgebühr für eine Überweisung oder eine Barauszahlung anfällt.
Kostenfalle 2: Dispozinsen und Überziehungskredit
Dispozinsen zahlt der Bankkunde, wenn er sein Girokonto überzogen hat. Im Durchschnitt liegen die Dispozinsen zwischen 7–11 %. Wird der bei Kontoeröffnung vereinbarte Rahmen des Dispokredits überschritten, fallen zusätzliche Kosten für den sogenannten Überziehungskredit an. Diese liegen in der Regel noch einige Prozentpunkte höher als die Dispozinsen. Ein Mindestbetrag als Pauschale ab dem ersten überzogenen Cent ist aber nicht zulässig (BGH, Az. XI ZR 9/15, XI ZR 387/15).
Kostenfalle 3: Gebühren für Bareinzahlung oder Auszahlung
Bareinzahlungen sowie Auszahlungen auf das eigene Konto dürfen mit einer Kontogebühr versehen werden (§1, Absatz 2, Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG). Je nach Höhe des ein- oder auszuzahlenden Betrages können die Gebühren mehrere Euro betragen. Bei Konten mit einer Grundgebühr müssen jedoch mindestens 5 Buchungsvorgänge im Monat kostenlos angeboten werden.
Kostenfalle 4: Kontogebühren für Kontoauszüge
Eine Bank ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Kontoinhaber einmal im Monat über die Zahlungsvorgänge auf seinem Konto zu informieren. Daher ist eine kostenfreie Ausgabe der Kontoauszüge über das Internet, einen Auszugsdrucker oder durch Zusendung zu ermöglichen. Nur bei der ausdrücklich vom Kunden gewünschten Zusendung per Briefpost sind Kontoführungsgebühren erlaubt, da diese eine Sonderleistung für die Bank darstellen. Zudem darf die Bank für die nachträgliche Ausstellung eines Kontoauszugs eine dem Aufwand entsprechende Gebühr verlangen (BGH-Urteil, Dezember 2013, Az. XI ZR 66/13).
Kontogebühren für besondere Dienstleistungen
Neben den regelmäßig anfallenden Kontogebühren gibt es weitere Kosten, die auf Sie zukommen können. Diese Kosten können anfallen, wenn Sie von Ihrer Bank besondere Leistungen fordern, wie etwa bei einem Nachforschungsauftrag oder bei selbst verschuldetem Verlust der Kreditkarte. Daneben haben Sie aber auch einen Anspruch auf kostenlose Leistungen wie einen Freistellungsauftrag. Wir zeigen Ihnen, was Ihnen Banken berechnen dürfen und was nicht.
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Geht der Brief mit der PIN auf dem Postweg verloren, darf die Bank keine Kontogebühren für die erneute Zusendung verlangen. Hat der Kunde den Verlust verschuldet, darf sie hingegen ein Entgelt verlangen (LG Frankfurt/Main, Januar 2000, Az. 2/2 O 46/99).
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Nur wenn der Kunde den Verlust oder eine Beschädigung der Kreditkarte selbst verschuldet, ist eine Gebühr erlaubt. Auch bei Beschädigung der Karte durch einen schlecht gewarteten Geldautomaten muss der Kunde nicht zahlen (OLG Celle v. 04.05.2000 – Az.: 13 U 186/99).
Jahresgebühr bei Kreditkartenkündigung
Bei einer vorzeitigen Kündigung der Kredit- oder Girokarte hat der Kunde einen Anspruch auf die anteilige Erstattung der meist im Voraus bezahlten Jahresgebühr (OLG Frankfurt, Dezember 2000, Az. 1 U 108/99).
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Banken dürfen für die Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen und deren monatliche Überwachung keine Kontogebühren verlangen. Sie sind gesetzlich zu diesen Aufgaben verpflichtet (BGH-Urteil, Mai 1999, Az. XI ZR 219/98).
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Kontogebühren für einen Nachforschungsauftrag sind unzulässig, wenn der Kunde beispielsweise den betreffenden Überweisungsauftrag korrekt ausgefüllt hat. In diesem Fall handelt die Bank im eigenen Interesse. Hat der Kunde allerdings die Überweisungsdaten fehlerhaft angegeben, kann die Bank eine Gebühr für ihre Bemühungen verlangen.
Nichtausführung bzw. Rückgabe von Lastschriften und Daueraufträgen
Hierfür dürfen Banken keine Girokonto-Gebühren erheben. Die Bank handelt im Eigeninteresse und führt keine Dienstleistung für den Kunden aus. Für die Benachrichtigung des Kunden über eine berechtigte Ablehnung eines Zahlungsauftrags ist ein Entgelt zulässig (§ 675 o BGB).
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Für die fristgemäße Auflösung von Girokonten und Sparkonten dürfen Banken keine Entgelte erheben. Lediglich wenn ein Bankkunde ein Sparkonto vor Ablauf der Kündigungsfrist auflösen möchte, muss er mit einer geringen Gebühr rechnen.
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Im Todesfall des Kontoinhabers sind Banken dazu verpflichtet dem Finanzamt den Kontostand mitzuteilen. Für diese Leistung dürfen keine Kontogebühren erhoben werden. Darunter fallen auch Kosten für das Umschreiben des Kontos auf die Erben (§ 307 BGB).
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In puncto Freistellungsauftrag sind Banken gesetzlich zur Verwaltung und Änderung verpflichtet. Gebühren sind daher nicht erlaubt (BGH-Urteil, Juli 1997, Az. XI ZR 269/96/XI ZR 279/96).
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Der Kunde hat zum Nachweis seiner Rückforderung rechtswidrig erhobener Gebühren einen kostenlosen Auskunftsanspruch (OLG Schleswig, Februar 2000, Az. 5 U 116/98).
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Für die Bearbeitung von Reklamationen dürfen Banken auch dann keine Entgelte verlangen, wenn sich die beanstandete Buchung als richtig erweist. Jeder Kunde hat das Recht die Buchungen überprüfen zu lassen (LG Köln, August 2000).
Guthabenübertragung nach Kontoauflösung
Nach der Auflösung eines Girokontos ist die Bank dazu verpflichtet, das Restguthaben entgeltfrei auf das neue Konto des Kunden zu überweisen. Eine Barauszahlung ist in Zeiten des bargeldlosen Zahlungsverkehrs nach Auffassung des Thüringer Oberlandesgerichts nicht zumutbar (Januar 2015, Az. 1 U 541/14).
Es gibt sie noch! Kostenlose Girokonten ohne Kontoführungsgebühren
Wer seine Kontogebühren möglichst gering halten will, der kann sein Konto ausschließlich online nutzen. Denn es gibt Banken, die für die reine Onlinenutzung keine Gebühren erheben. Stiftung Warentest hat im August 2021 14 kostenlose Konten gefunden, die bundesweit zugängig sind. Im Rahmen der kostenlosen Kontonutzung sind enthalten:
- monatlicher Grundpreis
- alle Buchungen
- Kosten für Onlinebanking
Die einzige Bedingung ist der Eingang eines regelmäßigen Gehalts oder einer Rente.
Überregionale Banken mit kostenlosen Girokonten bei Onlinenutzung
Bank | Konto |
1822direkt | 1822Mobile |
C24 Bank | Smartkonto |
DKB | Cash |
Edekabank | Edeka-Konto |
KT Bank | Girokonto |
Raiffeisenbank im Hochtaumus | OnlineOnly-Konto |
PSD Nürnberg | Giro Direkt |
Santander | Bestgiro |
Sparda Hessen | Giro |
VR-Bank Niederbayern-Oberpfalz | Mein Giro-Direkt |
PSD Hessen-Thüringen | GiroOnline |
PSD München | GiroDirekt |
PSD Rhein-Ruhr | GiroDirekt |
Volksbank Brawo | MeinKonto |
Quelle: Stiftung Warentest, Stand: August 2021
Wann lohnt ein Kontowechsel?
Aus Sicht von Stiftung Warentest sollte niemand bei normaler Onlinenutzung mehr als 60 € im Jahr für sein Girokonto bezahlen. Wer mehr bezahlt, der sollte sich einen Wechsel überlegen und dabei auf mögliche Kostenfallen achten. In unserem Girokonto Vergleich finden Sie Banken, die ein kostenfreies Girokonto anbieten. Suchen Sie Ihr Girokonto aber nicht ausschließlich nach dem Preis aus. Wichtig sind auch persönliche Wünsche wie eine Filiale in der Nähe oder die Nutzung einer Kreditkarte im Ausland.
Girokonto Vergleich Besondere Leistungen auch bei kostenlosen Konten gebührenpflichtig
Bei einigen der genannten Banken können allerdings Kosten für bestimmte Leistungen entstehen, die über die reine Onlinenutzung hinausgehen. Zum Beispiel beim Einreichen eines Dauerauftrages in der Filiale am Schalter oder für die Erteilung eines telefonischen Zahlungsauftrages. Außerdem knüpfen einige Banken ein kostenloses Girokonto an Bedingungen wie zum Beispiel die Nutzung als Gehaltskonto oder eine vorgegebene Anzahl an Kontobewegungen.
Bei der Wahl Ihres Girokontos lohnt es sich, auf anfallende Kontogebühren für Leistungen zu achten, die nicht automatisch im Grundpreis enthalten sind. Gerade bei diesen Gebühren gibt es erhebliche Unterscheide zwischen den Anbietern, wie folgende Übersicht verdeutlicht. Hinzu kommt, dass immer mehr Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken sogar beim Geldabheben der eignen Kunden Gebühren am Geldautomat berechnen.
Gebührenspanne für Leistungen, die nicht im Grundpreis enthalten sind
Leistung | Gebührenspanne |
Telefonischer Auftrag für Überweisung | 0 € - 3,50 € |
Beleghafte Überweisung (in Papierform mit Überweisungsformular) | 0 € - 3,50 € |
Girocard | 0 € - 16 € |
Kreditkarte | 0 € - 64 € |
Geldabheben am Geldautomaten anderer Banken | bis 6 € |